Montag, 19. Februar 2018

Tränenmeer

Meine kleine ehemals halbwegs heile Welt gerät langsam aber sicher aus den Fugen. Was ist das bloß, wenn man froh ist, wenn das Wochenende endlich vorbei ist. Wochenende - ja das worauf man sich die ganze Woche freut. Aber wenn du nach Hause kommst und du deinen Lieblingsmensch so traurig siehst, der dann noch ständig weint und von Krämpfen geschüttelt wird, der dir sagt das er am liebsten gar nicht mehr nach Hause kommen will dann ist das mehr als nur bitter. Uns beide macht die Situation so fertig, das nichts mehr Spaß macht. Es gibt auch keine Ablenkung mehr. Die Nächte bestehen aus stundenlangen Wach liegen, aus grübeln und weinen. Meine Frau kann sich eine gemeinsame Zukunft miteinander nur noch eventuell vorstellen, wenn alles so bleibt wie es ist, oder besser, wie es früher war. Sie will, das ich Medikamente gegen Depressionen nehme. Was soll das helfen? Die Depressionen kommen von meiner gegenwärtigen Lage, das ich nicht so leben kann wie ich müsste und das mich die Sorge um sie, um uns beide so belastet. Sie kann und will mich einfach nicht verstehen und ich will sie einfach nicht aufgeben. Ich will unser Zuhause nicht aufgeben. Es hört sich so leicht an, einfach einen Schlussstrich zu ziehen und unsere Beziehung zu beenden. Aber 27 Jahre zusammen, das ist mehr als mein halbes Leben, die machen solch einen Schritt so schwer, gerade wenn man seinen geliebten Partner jetzt am nötigsten bräuchte, auch wenn ich dieses Wochenende ziemlich schlimme Sachen gehört habe. Für sie ist das alles so grausam, so furchtbar. Am Samstag Abend lief im TV eine Doku über transidente Menschen. Das wollte sie nicht sehen. Ich habe nach einer Weile trotzdem einmal dorthin geschaltet. Das ganze fand ich ganz gut und hoffte etwas, es würde ihr wenigstens etwas von ihren Ängsten nehmen. Aber leider trat genau das Gegenteil ein. Es war so schlimm, dass ich umschalten mußte. Sie hatte Mühe, sich irgendwie noch zu fangen. Sie fasste alles total gegenteilig auf und verstärkte ihre innere Ablehnung nur noch mehr. Das wir zusammen noch ins Schlafzimmer gegangen sind war schon ein kleines Wunder. Nachts haben wir kaum geschlafen. Sie war total verkrampft, ihr tut seit Wochen alles weh und ich frage mich, wie das auf Dauer weiter gehen kann.
Sonntag Nachmittag sprach sie es dann offen aus, das sie sich von mir trennen würde, ich hätte sie am Faschingsdienstag so sehr geschockt und sie hat schließlich einen Mann geheiratet.Sie kann auch immer noch nicht verstehen, warum ich ihr das erst letztes Jahr gesagt habe. Sie meint, wenn ich das so lange so ausgehalten habe, dann kann ich das dich auch weiterhin. Ich hab versucht zu erklären, dass dem nicht so ist. Sie meint ich halte sie hin. Tue ich das? Ich weiß es nicht. Ich will sie so ich nicht verlieren, sie mich ja auch nicht, ich will mich aber auch nicht selbst verlieren. Denn genau so habe ich mich Anfang Januar gefühlt. Wieso nur haben wir in unserem Leben so wenig Glücklichsein verdiehnt? Warum ist das Leben so gnadenlos? Ich will sie lachen sehen, ich will sie glücklich sehen. Aber wie kann das gehen. Soll ich mich mit mir abfinden und alles so lassen wie es ist? Soll ich mich selbst aufgeben? Es gibt doch keinen anderen Weg. Ich kann vielleicht für den Moment für sie aufhören. Aber innerlich werde ich mich verlieren. Ich habe Angst davor. Ich habe Angst nie ich werden zu können. Immer traurig immer heimlich für wenige Stunden etwas sein was nicht sein darf. Ich bin dankbar dafür, dass es da draußen in meiner Twitterwelt ein paar lebe Menschen gibt, die mir helfen wollen, die mich verstehen. Ich weiß dass ich mit meinen Problemen nicht alleine bin, das es anderen genau so ging. Aber es tut so verdammt weh wenn man sich um seine Frau so große Sorgen macht und sich so verantwortlich für sie fühlt und es so weh tut sie so leiden zu sehen. Und es tut weh wenn man erfährt, dass der Partner einem eben nicht so liebt und zu einem steht wie man sich das gewünscht hat. Ich weiß nicht was ich machen soll. Das kann kein Dauerzustand werden.
Es gibt einfach keine einfache gute Lösung, nur eine sehr schmerzhafte und sehr traurige. Aber dieser Wahrheit will ich mich noch nicht stellen, noch nicht. Die Hoffnung stirbt zuletzt, auch wenn meine Frau meint, ich bin ihr so fremd geworden. Bin ich das? Ich bin immer noch ich, ich komme nur etwas mehr heraus aus mir.


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