Mittwoch, 1. Januar 2020

Mein Jahresrückblick

2019 ist vorbei. Es war wohl das ereignisreichste Jahr für mich überhaupt. Es ist viel passiert. Leider begann es gar nicht gut. Mein Schwiegervater verstarb unerwartet. Das war wohl das traurigste Ereignis seit langem. Ich habe ja ein riesiges Glück mit meinen Schwiegereltern gehabt...
Für mich selbst bedeutete das, dass ich mich selbst wieder zurück nehmen musste. Ich hatte ja im November 2018 den Termin beim Endokrinologen ausgemacht aber meiner Frau davon nichts gesagt. Ja, rückblickend war das alles nicht gut, aber ich habe immer gehofft, das wir uns nicht trennen werden und hab immer gehofft, dass sich meine Frau doch mit mir arrangieren  kann. Gut, ich habe dann trotzdem weiter gemacht, heimlich wie immer, aber immer mit einem schlechten Gefühl. Als ich dann den Termin beim Endo hatte, war das so eine Mischung aus Erleichterung und einem riesigen Glücksgefühl. Allerdings musste ich noch ein paar Wochen auf die Laborergebnisse warten. Dann endlich bekam ich mein Rezept. Die erste Einnahme erfolgte vollkommen unspektakulär am Arbeitsplatz. Innerlich musste ich lachen, als ich daran dachte was die Kollegen wohl denken würden, wenn sie davon wüssten. Dann folgte die Teilnahme auf der Messe in München. Hier merkte ich die ersten Tage das sich in mir etwas ändert, ich hatte morgens so ein schwirren im Kopf, nicht wie schwindelig, ähnlich aber doch anders. Bis sich die ersten körperlichen Änderungen einstellten sollten noch ein paar Wochen vergehen. Im Mai fuhren meine Frau und ich für eine Woche auf die Insel Usedom in Urlaub. Hier fingen die Wachstumsschmerzen an und schlimm war es auf der Heimfahrt... Im Juni erzählte ich meiner Frau davon. Wir lebten trotz dem weiter, als ob nichts wäre und das gab mir wieder Mut, dass alles gut wird. Im Juli machten wir dann nochmal Urlaub in unserem Stammhotel auf Mallorca. Die nächsten Wochen bis September waren alle ganz normal. Ich machte mir natürlich weiter Gedanken. Da ich wusste, dass ich über kurz oder lang meine körperlichen Veränderungen nicht mehr geheim halten konnte, rückte für mich der Tag des Outings in der Firma immer näher. Dies sagte ich im September meiner Frau. Und damit war nun unsere gemeinsame Zukunft zu Ende. Sie bestand darauf, das wir uns trennen und scheiden lassen. Ich war die nächste Woche wie in Schock-starre, lebte nur noch automatisch, bis ich mich aufraffte im Immobilienteil der Zeitung nach Wohnungen zu suchen. Ich fand auch schnell eine, die mir gefiel und bekam diese auch. Es folgten die vielen Möbelhausbesuche, das Packen meiner Sachen, das Entsorgen der Männerkleidung, der Um- und Einzug. Vor dem Umzug gab es noch das Outing in der Firma, was wirklich sehr sehr positiv für mich verlief. Ich bin so froh, dass das so gut verlaufen ist. Mit dem endgültigen Umzug in die neue Wohnung erfolgte auch der Start in 7 / 24 leben als Frau. Auch das verlief ohne Probleme. Auch meine Rückkehr in die Firma nach dem Umzugsurlaub verlief total normal und war für mich so, als ob es nie anders gewesen wäre. Kann man sich da mehr wünschen? Das Verhältnis zu meiner Frau hat sich natürlich verändert. Aber es ist zum Glück sehr gut geblieben. Wir sind jetzt eben zwei Freundinnen. Wir telefonieren täglich, sehen uns regelmäßig. Machen zusammen Ausflügen, gehen zusammen Einkaufen. Ja sie geht mit mir als Frau überall hin und sie hat gesehen, das nichts passiert. Nur leider will sie trotzdem nicht mit mir verheiratet bleiben. Leider hat sich der Scheidungstermin verzögert und da wir uns geeinigt haben, dass auf den Scheidungsunterlagen mein alter Vorname stehen soll, kann ich die VÄ/PÄ erst nach der Scheidung angehen. Aber gut, dann starte ich das eben erst Ende Januar. Für Aufregung für mich sorgte dann ausgerechnet am Freitag, den 13. Dezember mein Endo, als mir die Praxis mitteilte, dass der zum Ende des Jahre dort aufhört. Supergau? ja ich war erstmal ziemlich fertig, weil man ja so schnell keinen Endotermin bekommt und dann ja eine braucht, der sich mit trans* Menschen auskennt. Aber gut, das Problem ist gelöst. Bei der alten Praxis bekomme ich meine Tabletten als Folgerezept übergangsweise weiter und Mitte März bin ich beim neuen.
Fast hätte ich ja noch vergessen zu erwähnen, dass ich ja auch mit der Lasereplilation meines Bartes im Juni begonnen habe und auch mit der Stimmtherapie im Sommer begonnen habe. Das eine ist teilweise sehr schmerzhaft, das andere zwar lustig aber nicht einfach...

Mein Fazit für 2019? Es war sehr durchwachsen. Leider sehr traurig, die großen Verluste in meinem Leben. Andererseits gab es endlich die erhofften Veränderungen zum positiven in meinem Leben, nämlich so zu sein wie ich bin. Ich muss mich nicht mehr verstecken, muss nichts mehr heimlich tun und kann das Leben so führen wie ich bin. Dafür habe ich nun die Einsamkeit in meiner Wohnung. Der tiefe Schmerz des Verlustes meines alten Zuhauses und natürlich meiner Frau. Auch wenn wir uns oft sehen, es ist nicht mehr das selbe. Ich sitze oft total einsam und traurig in meiner Wohnung und halte es nicht mehr aus. Ich weiß nicht, ob das einmal besser wird. Im Moment ist es immer noch schlimm. Es ist auch traurig, dass ich im RL nur meine Frau als einzigen sozialen Kontakt habe. Hier im Haus oder der Umgebung habe ich noch niemanden kennen gelernt. Freundschaften von früher gibt es nicht mehr. Das ist etwas was ich im neuen Jahr gerne ändern würde, auch wenn das sicherlich nicht leicht ist. Aber ich brauche einfach den Kontakt zu anderen.Und ich sage es auch ganz ehrlich, ich brauche jemanden an meiner Seite. Aber ob sich das jemals ändern wird?


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